Sherin Elmoghazy mit Wahlkreisreferentin Anna-Maria Bogner.
Sherin Elmoghazy mit Wahlkreisreferentin Anna-Maria Bogner.

19.05.2017

IPS-Stipendiatin Sherin Elmoghazy berichtet über ihren Besuch des Wahlkreises

Der Deutsche Bundestag vergibt mit der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin sowie der Technischen Universität Berlin jährlich etwa 120 Stipendien für junge Hochschulabsolventen aus 41 Nationen. Das Programm dauert jedes Jahr vom 1. März bis zum 31. Juli und beinhaltet ein ca. dreimonatiges Praktikum in einem Abgeordnetenbüro. Alexander Radwan, MdB hat sich in diesem Jahr erneut bereiterklärt, einen IPS-Stipendiaten aufzunehmen. Von Anfang April bis Ende zur parlamentarischen Sommerpause unterstützt Sherin Elmoghazy aus Ägypten das Berliner Büro und erhält Einblicke in das deutsche politische System und die politische Arbeit eines Abgeordneten. Anfang Mai begleitete sie ihn eine Woche lang bei seiner Arbeit vor Ort im Wahlkreis. Hier berichtet sie über diese Zeit:

Im Rahmen des Internationalen Parlaments-Stipendiums (IPS) habe ich eine Woche im Wahlkreis meines Abgeordneten verbracht, um Erfahrungen über den Prozess der Demokratie hier in Deutschland zu sammeln. Nach einem ganzen Monat im Abgeordnetenbüro mit der Teilnahme an den Sitzungen des Finanzausschusses und viele Diskussionen zwischen den Fraktionen um den deutschen Bürgeransprüchen gerecht zu werden und sich den Sorgen der Bürger zu stellen. Am 1. Mai war ich vollkommen aufgeregt, meine Wahlkreisreise an den Tegernsee, wo mein Abgeordneter direkt als CSU-Kandidat gewählt wurde, begann. Die Fahrt war gut und total bequem, obwohl sie ungefähr sechseinhalb Stunden gedauert hat. Auf dem Weg habe ich mir zwei alte ägyptische Filme angesehen, die sich mit der politischen Lage und der Sehnsucht nach Gedankenfreiheit auf allen Ebenen sogar auf religiösen beschäftigen. Inzwischen habe ich mich gefragt, wie die Demokratie in Deutschland im Prinzip funktioniert und wie die deutschen Parteien nach dem zweiten Weltkrieg und der faschistischen Herrschaft eine belastbare demokratische Basis gründen konnten. Der Zug kam an und Herr Radwan hat mich abgeholt. Das war für mich ein wichtiges Zeichen. Die normale ägyptische Vorstellung von Abgeordneten ist, dass sich die Abgeordneten nicht wie normale Bürger benehmen. Eigentlich war das Wetter nicht gut. Es hat vier Stunden lang geregnet und als typische Ägypterin habe ich vergessen meinen Regenschirm mitzubringen. Trotzdem habe ich es genossen.

Am 2. Mai begann mein Experiment oder sozusagen mein erster Kontakt mit der Wahlkreisarbeit. Am ersten Tag habe ich an der Hauptversammlung der CSU- Senioren Union des Kreisverbandes Miesbach teilgenommen und die Vorstandswahlen beobachtet. Die gute Stimmung und der stressfrei Wahlablauf unter den Mitgliedern der Senioren Union haben mich beeindruckt. Danach habe ich an einer anderen Sitzung des engeren Kreisvorstandes der CSU Miesbach teilgenommen. Bei dieser Sitzung wurden die CSU-Politik und die kommenden Wahlen diskutiert. Die Familienunternehmen sind das Fundament der Wirtschaft in Bayern. Deswegen habe ich Herrn Radwan bei einem Termin mit dem Wirtschaftsbeirat Bayern e.V. mit Frau Dr. Angelika Niebler, MdEP in einer Schnaps-Säfte- und Soßenfabrik begleitet. Ich habe kennengelernt, wie der lokale Schnaps hergestellt wird. Während dieses Treffens wurde die wirtschaftliche Lage der EU diskutiert. Der erste Tag wurde erfolgreich beendet und ich konnte nur weniger als sechs Stunden schlafen, da das zweite Tagesprogramm um 07:15 Uhr anfing.
An diesem Tag bin ich mit Herrn Radwan zur Realschule in Bad Tölz und zum Gymnasium gefahren. In beiden Schulen hat Herr Radwan den Schülerinnen und Schülern seine Tätigkeit als Politiker und Abgeordneter im Bundestag erklärt. Und er hat sie motiviert, sich Parteien anschließen und sich politisch zu engagiert. Die Hauptthemen der Gespräche waren Demokratie und Europa. Die Schülerinnen und Schüler hatten trotz ihres jungen Alters ihre eigenen Auffassungen zu diesen Themen und konnten ihre Meinungen klar formulieren. Im Vergleich zur meiner Auffassung von Politik als Jugendliche und freiwillige Aktivistin hielten die Schülerinnen und die Schüler den Beruf des Politikers für einen Beruf, der bestimme Voraussetzungen erfordert. Deswegen waren viele von Ihnen der Meinung, in ihrem aktuellen Alter nicht für eine Partei antreten zu können. Die Schülerinnen und Schüler haben mir ein paar Fragen über die Lage in Ägypten gestellt. Ich habe kurz darüber geredet. Weil die Schulen ca. eine halbe Stunde vom Tegernsee entfernt sind, konnten wir – Herr Radwan und ich – ein paare spannende Gespräche über Politik in Ägypten und in Deutschland führen. Ich hielt es für eine gute Chance, neue politische Erfahrung zu sammeln.

Herrn Radwans Vater war Ägypter, der in 60ern Jahren in Deutschland ankam und eine katholische bayrische Lehrerin heiratete. Außerdem steht Herr Radwan noch im Kontakt mit seiner Familie in Ägypten und beschäftigt sich gleichzeitig auf beruflicher Ebene mit dem Nahen und mittleren Osten, insbesondere mit Ägypten. Die Anmerkungen seinerseits und unsere Diskussion über den demokratischen Prozess in Ägypten sechs Jahren nach der ägyptischen Revolution ermöglichten mir eine neue Auffassung von unseren politischen und auch wirtschaftlichen Problemen. Meiner Meinung nach spiegelt nicht nur die Politik alleine die Sorgen und die Entwicklungslage der Völker wider, sondern auch Filme, Literatur und Musik können die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft von Ländern erfassen, dokumentieren sowie gestalten. Dieses Thema wurde mehrmals während dieser Reise diskutiert. Erstmals im Gymnasium Bad Tölz, als der Lehrer mir einen Artikel über den soziopolitischen Film „Die Welle“ zeigte, der von der Gefahr des Entstehens radikaler Jugendgruppen in Deutschland handelt. Beim Schulbesuch des Gymnasiums hat Herr Radwan betont, dass Demokratie das wichtigste Instrument ist, um die Sicherheit und den Wohlstand Europas zu schützen. Nach dem Gespräch wurde das Thema Literatur und seine Rolle in der Erinnerungspolitik und dem Kampf gegen Herrschaft und väterliche Gewalt mit Erwähnung einiger der bekanntesten deutschen Autor, wie beispielsweise Kafka, Brecht und anderen weiterdiskutiert. Das Thema der Geschichte wurde beim Treffen mit Familie Mulzer wiedereröffnet, deren Sohn Severin am Parlamentarischen Patenschafts-Programm teilnehmen wird. Das Treffen war so interessant, weil ich zum ersten Mal mit den Meinungen und Gedanken einer deutschen Familie über die Flüchtlingskrise, deutsches Bildungssystem und die Unterschiedlichen Auffassungen der Religionen konfrontiert wurde, ohne Information aus Medienberichten zu beziehen. Die Tochter der Familie schlug vor, dass Politikwissenschaft wie Physik in der Schulen gelehrt werden sollte, damit mehr deutsche Jugendliche sich politisch engagieren. Der letzte Schulbesuch war bei einer Berufsschule. Vor dem Besuch hat Herr Radwan mir das deutsche Berufsschulsystem erklärt. Auch dank dieses Systems sind die Arbeitslosigkeitszahlen in Deutschland so niedrig, sogar im Vergleich zu Amerika. Derzeit versucht Herr Radwan, eine Kooperation zwischen einer deutschen und einer ägyptischen Berufsschule zu ermöglichen.

Am dritten Tag habe ich mich sehr über zwei besondere Veranstaltungen gefreut. Die Erste war meine Teilnahme an der Jahreshauptversammlung der Jungen Union des CSU-Kreisverbandes Miesbach. Dabei war unter anderen ein Junge, der ein Jahr in Saudi Arabien ein Praktikum gemacht hat. Er sprach über Unterschiede zwischen den arabischen Länder in Bezug auf Kultur, Frauenbewegungen und religiöse Strömen. Die Hauptveranstaltung, mit der ich gerne meinen Bericht beenden möchte, war die Kranzniederlegung zum 40. Todestag von Ludwig Erhard, ein Wirtschaftswissenschaftler und Politiker, der das wirtschaftliche Wunder Deutschlands schaffen konnte und ein besseres Leben für neue deutsche Generationen geebnet hat. Am 5. Mai war ich wieder auf dem Weg nach Berlin mit spannender Erfahrung und schönen Erinnerungen an den Wahlkreis.

Alexander Radwan, MdB

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